Der wohl einzige Hardwareemulator eines elektrischen Energiesystems
An der ZHAW School of Engineering leitet Prof. Dr.-Ing. Petr Korba die Forschungsgruppe Elektrische Energiesysteme und Smart Grids.Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Netzdynamik und der optimalen Integration von dezentralen, erneuerbaren Energiequellen und Speichern in elektrische Energienetze. Zuvor war er mehr als zehn Jahre lang leitender Wissenschaftler im Bereich Automatisierungstechnik am Forschungszentrum der ABB Schweiz AG. Seit dieser Zeit arbeitet Prof. Korba mit Lucas-Nülle-Systemen.
Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie die Lucas-Nülle-Systeme zu seinen Forschungen beitragen:
Herr Prof. Dr. Korba, Ihre Forschungsgruppe „Elektrische Energietechnik und Smart Grids“ beschäftigt sich mit der Frage, wie elektrische Energiesysteme der Zukunft stabil betrieben werden können. Wo sehen Sie die zentralen Herausforderungen auf diesem Weg?
Korba: Es werden immer mehr erneuerbare Energiequellen ins bestehende elektrische Energiesystem integriert. Anders als die konventionellen Quellen mit rotierenden Massen werden diese über schnelle Leistungselektronik ans System angeschlossen und haben dadurch unter anderem keine inherente Trägheit mehr, die kurzzeitig Energie speichern würde. Dies wird sich negativ auf die „rate of change of frequency“ (ROCOF) und die dynamische Stabilität des Systems auswirken. Das heißt in der Praxis, dass es häufiger zu Netzpendelungen (power oscillations) kommt und diese werden schlechter gedämpft.
In Ihrer Forschung setzen Sie auch das Smart Grid System von LucasNülle ein. Wie sind Sie auf das System aufmerksam geworden und was ist der Nutzen für Ihre Arbeit?
Korba: Als ich nach fast 15 Jahren bei ABB Schweiz AG meine Stelle als Professor angetreten habe, musste ich vor 8 Jahren unter anderem auch den Unterricht und das Labor aufbauen. Für mein neues Labor wollte ich nur die besten und neuesten Geräte und Anlagen verwenden. So bin ich auf die Firma Technolab gestoßen, die Luca-Nülle in der Schweiz vertritt. Meine Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut. Ich habe mit meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern das System von LN weiter ausgebaut, mit neuen Komponenten erweitert und dieses wird nun sowohl in unseren Forschungsprojekten wie auch im Unterricht intensiv genutzt.
Wie sieht die technische Einbindung der Systeme in die Labore aus?
Korba: Wir haben unter anderen mit Hilfe von LN- und ABB-Komponenten das sogenannte Kundurs’s System aufgebaut. In diesem System können wir etwa hardwaretechnisch im Labor ähnliche Netzpendelungen wie die im europäischen Stromsystem emulieren. Mit Hilfe der zusätzlich integrierten PMUs (phaser measurement units) können wir sie in Echtzeit überwachen, analysieren und graphisch darstellen. Weiter haben wir auch eine PMU-basierte Weitbereichsregelung integriert, die die Dämpfung dieser Schwingungen maßgeblich verbessert. In nächster Zukunft planen wir diese Hardware, die im Moment aus 4 LN-Synchrongeneratoren besteht, mit einem „Digitalen Zwilling“ zu ergänzen, auf dem das dynamische Modell des gesamten europäischen Energiesystems läuft. Dies wird die emulierte Dynamik des emulierten Energiesystems weiter softwaretechnisch anreichern und realistischer abbilden.
Die Systeme dienten unter anderem als Werkzeuge für zwei kürzlich vorgestellte Forschungsprojekte. Welche Ergebnisse erzielten diese Projekte und wie trugen die Systeme dazu bei?
Korba: Wir sind in der Lage, reale Hardware und bereits auf dem Markt existierende Produkte im Labor zu integrieren, wie auch neue Algorithmen und Funktionalitäten zu entwickeln und zu evaluieren. So haben wir beispielsweise Erregungssysteme und PMUs von ABB und National Instruments an LN-Synchrongeneratoren angeschlossen, durch ausgewählte Szenarien dann das Gesamtsystem zum Schwingen gebracht, die einer typischen europäischen Netzpendelung entsprechen, und mit einer neuen, von uns entwickelten Lösung haben wir das System wieder stabilisieren können. Diese neuartige, auf dem Markt noch nicht existierende Lösung wurde eigens von uns entwickelt und implementiert.
Wie ist das generelle Feedback der Studenten und Wissenschaftler aus der Arbeit an den Systemen?
Korba: Das System wird sowohl von Studenten als auch Wissenschaftlern rege genutzt. Das zuletzt erwähnte Setup ist einmalig und vermutlich der einzige Hardwareemulator eines elektrischen Energiesystems, an dem im Labor elektromechanische Netzpendelungen demonstriert werden können. Diese praktische Anwendung der im Studium erworbenen theoretischen Kenntnisse wird von den Studierenden sehr geschätzt.